Wolfgang Renz - Abschied von der Ehrenamtsbühne

Veröffentlicht am Sonntag, 26. Juli 2015 22:56
Geschrieben von Thomas Holzapfel

Die Tischtennisjugend und Wolfgang Renz - das war eine Symbiose im Verband, die über viele Jahre zusammenpasste. In gebührendem Rahmen wurde der 72-jährige Weil der Städter nunmehr bei der Jugendwartetagung des Deutschen Tischtennisbundes in Neu-Isenburg für sein immenses Engagement geehrt - und mit großem Applaus in den Ehrenamts-Ruhestand verabschiedet. Freilich, so ganz ohne Wolfgang Renz kann und wird der Tischtennissport auch in Zukunft vermutlich nicht über die Runden kommen.

Aus den Händen von Jürgen Ahlert, dem Vizepräsidenten Jugendsport im Deutschen Tischtennisbund (DTTB), empfing Wolfgang Renz ein Sondergeschenk „für seine  Lebensleistung im Tischtennissport“. Bereits im vergangenen Jahr hatte Renz die Ehrennadel in Gold, die höchste Auszeichnung auf Bundesebene erhalten. „Für Wolfgang Renz müsste eigentlich die diamantene Ehrennadel eingeführt werden“, meinte Jürgen Ahlert bei den Feierlichkeiten.

 

Im Mittelpunkt zu stehen, Ehrungen zu erhalten und womöglich den „großen Zampano“ zu spielen, das ist freilich nicht das Ding von Wolfgang Renz, dessen Mitstreiter im Verband vor allem die Ruhe und Gelassenheit betonen, die der langjährige Funktionär bis zuletzt immer ausstrahlte. Wolfgang Laur ist einer, der es wissen muss, arbeitete er die letzten zwanzig Jahre in der Verbandsjugend viel mit Renz zusammen. „Wolfgang Renz ist eine der wenigen Persönlichkeiten, die mich in meiner ehrenamtlichen Tischtenniskarriere maßgeblich geprägt haben“, sagt der Herrlinger, der Renz als „echten Teamplayer und akkuraten Arbeiter“ charakterisiert. „Mit ihm saß ich auch mal bis in die frühen Morgenstunden an den Vorbereitungen für ein Turnier oder eine Tagung“, sagt Laur, der die vielen Stunden mit seinem Mitstreiter nie missen möchte. Wobei das Wort „Mitstreiter“ hier nicht wirklich zutreffend ist. „Wolfgang hat immer den guten Ton getroffen, war stets freundlich und unkompliziert, ohne allerdings das gemeinsame Ziel in Sachen Jugendtischtennis aus den Augen zu verlieren“, beteuert Laur, der derzeit hauptamtlich auf der Geschäftsstelle des Tischtennisverbands Württemberg-Hohenzollern (TTVWH) als Sportreferent arbeitet. Und zuletzt mit etwas wehmütigen Gedanken mitbekam, wie Wolfgang Renz seine Ehrenämter abgab. „Man merkte ihm zuletzt schon an, dass es ihm zuweilen schwer fällt, loszulassen. Schließlich will er sein Erbe gut behütet wissen“, sagt Wolfgang Laur, der noch regelmäßig mit Renz in Sachen Tischtennis telefoniert.

„Ich habe immer gesagt, wenn mal eine 7 vor dem Alter steht, dann höre ich auf“, zeigte sich Wolfgang Renz zuletzt bei der Umsetzung dieses Vorhabens kompromisslos. Während er bereits vor zwei Jahren im TTVWH sein Amt als Vizepräsident Jugend abgab, das er (zuvor auch als Verbandsjugendwart) seit 1991 bekleidete, schied er nun im Mai auch bei Tischtennis Baden-Württemberg als Jugendverantwortlicher aus. Überhaupt liegt ihm die Verbandsentwicklung im „Ländle“ sehr am Herzen, war er es doch, der die ersten erfolgversprechenden Aktionen im Jugendbereich auf den Weg gebracht hat. „Es könnte bald so weit sein, dass nach der Jugend auch andere Ressorts nachziehen und wir es gemeinsam mit dem badischen und südbadischen Verband doch noch schaffen, einen baden-württembergischen Verband auf die Beine zu stellen“, gibt sich Renz zuversichtlich und betont, dass die Strukturen schon einmal geschaffen wurden und „der TTVWH durchaus dafür gewappnet wäre.“

Angefangen hat alles in Maichingen, dem Sindelfinger Stadtteil, der auch heute noch fest mit dem Namen Wolfgang Renz verankert ist. Im Mai 1968 war er an vorderster Front, als die dortige Tischtennis-Abteilung gegründet wurde. Nur einen Monat später fuhr Wolfgang Renz mit dem Fahrrad zum Bezirkstag nach Schönaich - und kam mit einem Klassenleiteramt auf dem Gepäckträger zurück. Danach ging es Schlag auf Schlag: 1972 wurde Renz als Nachfolger von Herbert Zeller zum Jugendwart im Bezirk Böblingen gewählt, zeigte sich für die Durchführung vieler Turniere verantwortlich - und gründete das Bezirksleistungszentrum in Maichingen. Anfang der Achtziger machte Renz auch vor höheren Aufgaben im Verband nicht halt: Erst als Verbandsliga-Klassenleiter (Jugend), ab 1985 dann als Ressortleiter Mannschaftssport bewies der dreifache Vater seine Funktionärsfähigkeiten zum wiederholten Male. Im November 1991 war es dann soweit: In einer außerordentlichen Sitzung wurde der IBMler zum Verbandsjugendwart gewählt. Ein Amt, das er über viele Jahre innehatte.

Während dieser langen Zeit war der Böblinger Frank Tartsch stets als TTVWH-Präsident in Amt und Würden - und kann entsprechend aus dem Nähkästchen plaudern. „Wolfgang hat es verstanden, die jungen Menschen um ihn herum zu motivieren. Er hatte im Verband für jeden ein offenes Ohr und hat eher seine eigene Meinung hinten angestellt, um am Ende eine von allen getragene Lösung zu finden“, sagt Tartsch im Rückblick. Und erinnert sich gerne daran, dass der Startschuss zu seinen ehrenamtlichen Aktivitäten von Wolfgang Renz abgegeben wurde, den er seit über fünfzig Jahren kennt. „Und so ganz nebenbei hat er mich auch zum Weintrinker gemacht“, sagt Tartsch, der noch gerne an eine Weinprobe zurückdenkt, die im Hause Renz anlässlich einer Tischtennissitzung abgehalten wurde.

Als Jugendverantwortlicher im Verband war Wolfgang Renz von Wochenende zu Wochenende in den Hallen dieser Region anzutreffen. Sportliche Höhepunkte unter seiner Ägide waren die Spitzenplätze der Jugend im prestigeträchtigen Deutschlandpokal sowie die zehn Jahre andauernde Beteiligung an der Aktion „4 Motoren für Europa“. In der vom Kultusministerium unterstützten Veranstaltung mit den Regionen Lombardei, Katalonien, Rhone-Alpes und Baden-Württemberg landeten die hiesigen Nachwuchsspieler meistens weit vorne.

Auch wenn die sportliche Zukunft der baden-württembergischen Talente momentan recht gut aussieht, verfolgte Wolfgang Renz zuletzt besorgt die Entwicklung, die das Jugendressort in den vergangenen beiden Jahren nach seiner Amtsabgabe im Verband nahm. „Zuletzt ist da nicht alles reibungslos gelaufen, der Stellenwert des Jugendbereichs ist merklich gesunken“, sagt Renz und verweist als Beispiel auf die Tatsache, dass die letzten Verbandsjugendsitzungen nur auf sehr geringe Akzeptanz bei den Bezirken stießen. Von dem neu gewählten Verbandsjugendteam um Ressortleiter Jürgen Mohr erhofft sich Renz wieder einen Aufschwung. Mit Sorgenfalten verfolgt der Maichinger Kreisklassenspieler die möglichen Veränderungen, die zukünftig auf das Jugendtischtennis zukommen könnten. So steht beim Bund ein Antrag im Raum, der eine Art doppelte Spielberechtigung für Jugendliche zulassen könnte. „Dann könnte als Beispiel Julia Kaim weiterhin im Böblinger Bundesligateam spielen, aber im Einzel für einen Verein in Westdeutschland an den Start gehen“, erklärt Renz die Hintergründe. In einem eigens einberufenen Arbeitskreis des Verbands steht er für solche Themen auch zukünftig zur Verfügung. Indes, ohne sich aufdrängen zu wollen. „Ich möchte nicht als Besserwisser dastehen, aber wenn es gewünscht wird, werde ich gerne auch in Zukunft in beratender Funktion beim TTVWH mithelfen“, sagt der Hobbyradfahrer, der sich nun verstärkt „um die zahlreichen Baustellen zuhause“ kümmern möchte. Dies jedoch nicht, ohne weiterhin ein Auge auf den Tischtennissport zu werfen, der ihm seit den 1960er-Jahren viel Freude bereitet hat.